
Warum manche Bilder fesseln – und andere spurlos an uns vorbeiziehen
Ob uns ein Foto anspricht, dass entscheiden wir in der Kürze eines Augenblicks. Bildgestaltung ist also etwas Individuelles.
Ein Foto hat nur einen Herzschlag lang Zeit, um uns zu packen. Ein Wimpernschlag – und wir entscheiden, ob es klick macht oder nicht. Bildgestaltung ist deshalb kein trockenes Lehrbuchthema, sondern hochgradig persönlich.
Doch die große Frage bleibt:
Was ist ein „cooles“ Foto? Was empfinden wir als attraktiv, stark, berührend?
Und wenn es wiederkehrende Muster gibt – können wir sie bewusst nutzen?
Auf Streifzug durchs Netz
Instagram, Vimeo, YouTube, Flickr, Fotocommunity – wahre Schatzkammern der Bilderwelt. Und doch passiert es immer wieder: fantastisches Motiv, starke Idee … aber das Foto wirkt nicht. Irgendetwas fehlt.
Warum ziehen uns manche Bilder magisch hinein, während andere kaum einen Funken auslösen?
Oft übersehen wir ausgerechnet die simpelsten Gestaltungsmittel – dabei wären sie leicht umzusetzen.
Ästhetik statt Knipserei
Wenn es nicht gerade um ein nüchternes Pressebild geht, geht es in der Fotografie fast immer um ästhetische Wahrnehmung.
Um die Frage:
Was will ich mit meinem Foto ausdrücken – und was soll es im Betrachter auslösen?
Wer dazu online recherchiert, stößt auf unzählige Meinungen. Doch vieles lässt sich auf zwei Grundgedanken herunterbrechen:
1. Schönes aktiviert unser Belohnungssystem.
2. Strukturen gefallen – solange sie nicht zu simpel und nicht zu komplex sind.
Damit sind wir bereit für den wichtigsten Schritt: Die bewusste Bildgestaltung.
Illustrativ oder interpretiert?
Der erste kreative Entscheidungshebel:
Bevor du auslöst, musst du wissen, welche Art Bild du erzeugen willst.
Illustrativ
– objektive Darstellung, journalistisch, dokumentarisch
– Das Bild erklärt sich von selbst – der Betrachter zieht seine eigenen Schlüsse.

Interpretiert
– subjektiv, emotional, künstlerisch
– Du zeigst, wie DU das Motiv fühlst.
– Die Spielwiese ist riesig: Atmosphäre, Stimmung, Licht, Blickwinkel – alles erlaubt.
Für viele ist dies die befriedigendste Art der Fotografie – weil die eigene Handschrift sichtbar wird.

Bildgestaltung, das vergessene Fundament
Schaut man in typische Anfänger-Bücher, geht es meistens um Technik: Blende, Verschluss, ISO, Autofokus.
Bildgestaltung? Oft nur ein Kapitelchen am Ende.
Ein guter Gegenpol: Christian Westphalen, der mit 55 Seiten zur Gestaltung zeigt, wie es eigentlich sein könnte – klar, kompakt, anschaulich.
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Mit wenigen Mitteln kann ich viel verbessern
Nur am Rande möchte ich kurz auf althergebrachte Fotografenweisheiten blicken, wie
- Für Mensch und Tier, nimm Blende vier
- Wenn die Sonne lacht, nimm Blende acht
- Kein Blitz dabei? Nimm Blende zwei

Bei diesen schlau gereimten Sätzen geht es allerdings um das Beherrschen der Kameratechnik und den Umgang mit der Blende, weniger um die Bildgestaltung und deren Wirkung. Der grundlegende Umgang mit der Kamera sollte schon bekannt sein und auch geübt werden. Gern auch im manuellen Modus, ohne Hilfe der Programmautomatik.
Anders bei den folgenden Beispielen
- Vordergrund macht Bild gesund
- Änderst du die Position, wirkt das Bild ganz anders schon
Etwas weniger poetisch ist dann die Aussage
- Komposition ist die Kunst des Weglassens
Und da nähern wir uns schon dem Thema wie kann ich an meiner Bildgestaltung arbeiten. Wie fotografiere ich Bilder die besser ankommen?
Fünf Schritte
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich fünf Dinge zusammengestellt, wie Bilder als ansprechender wahrgenommen werden.
Der Goldene Schnitt

oder auch als Faustformel unter der Bezeichnung Drittel-Regel bekannt. Das Bild wird also vertikal und horizontal in drei Teile aufgeteilt. Das ist eine richtig tolle Sache und selbst Leonardo Da Vinci oder Albrecht Dürer arbeiteten damit.
Wir sind dabei also in bester Gesellschaft und halten fest, Profis arbeiten praktisch immer damit. Und nicht nur Fotografen.
Es dreht sich dabei um eine harmonische Bildaufteilung. Zudem löst der goldene Schnitt eine spannendere Wahrnehmung eines Motivs beim Betrachter aus.

Als Hilfsmittel können dazu Gitternetzlinien inzwischen in vielen Kameras eingeblendet oder als Wechselmattscheibe eingesetzt werden
Der Trick ist, das Hauptmotiv liegt auf einem der Schnittpunkte.
Perspektive und Symmetrie

Die Perspektive ist eine entscheidende Größe bei der Bildgestaltung. Das Wechseln des Kamerastandortes und damit der Perspektive, beeinflusst die Aussage des Bildes immens. Deshalb, Bewegung tut gut, verändert den Standort der Kamera bzw. des Fotografen, um die optimale Perspektive zu finden.
Die Symmetrie galt von je her als ästhetisch. Gleichmäßige und parallele Formen, die Spielgelsymmetrie oder Reihen gleichmäßiger Objekte regen die Phantasie und zum Staunen an. Die Welt ist voll davon, sie müssen nur entdeckt werden.
Elemente und Präsenz

Was ist dir wichtig?
Was kann beim Bild weggelassen werden?
Die Aufmerksamkeit beim Betrachter lenken wir auf unser bildprägendes Objekt. Ablenkungen und unerwünschtes versuchen wir so weit wie möglich auszublenden.
Licht und Schatten gezielt einsetzen

Licht und Schatten führen das Auge. Licht als Magnet und Schatten als Tiefe.
Sie gehören zusammen, das eine nicht ohne das andere.
„In der Nacht sind alle Katzen grau“, so wird gesagt. Und so ist es. Licht gestaltet Spannung und Geheimnisse. Licht lässt Farben strahlen.
Es ist immer eine gut Sache, das Tageslicht bzw. natürliches Licht zu nutzen. Bei Sonnenschein ergänzt, besonders bei Portraitaufnahmen, durch einen Aufhellblitz.
Auch das Arbeiten in S/W ist eine lohnende Angelegenheit. Ein Foto erzeugen, in dem es tiefes schwarz und hellstes weiß gibt, ist eine spannende Aufgabe.
Mit Blende und Schärfe spielen

Wenn ein Objekt scharf gestellt wird, sind die Bereiche davor und dahinter oft unscharf. Man sagt, das Motiv ist freigestellt. Dabei gilt, je länger die Brennweite des Objektivs, umso kleiner ist der scharfe Bereich. Am einfachsten kann ein Motiv freigestellt werden, indem der Hintergrund unscharf wird. Dieses wird erreicht, indem eine möglichst große Blende (= kleine Blendenzahl) genutzt wird. Je näher das Motiv an der Kamera ist, umso einfacher kann es freigestellt werden.
Und nun?
Eine gute Kamera kann man kaufen, ein fotografisches Auge nicht. Aber, ein Auge kann geschult werden.
Ja, es gibt Fotografinnen und Fotografen, da können wir den Eindruck gewinnen, dass es sich um eine vererbte Gestaltungsgabe handelt. Meist ist es aber nicht so und es steckt viel Arbeit oder eine Ausbildung dahinter.
Es macht deshalb Sinn, sich mit der Bildgestaltung immer wieder neu auseinanderzusetzen und den eigenen Blick zu entwickeln, seine Bildgestaltung zu verbessern und den eigenen Antrieb immer neu zu wecken.
Eines sei versprochen, wer sich nun mit dem fotografischen Blick auseinandersetzt, wird den Anteil der Fotos mit WOW-Effekt zügig steigern.
sf.
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